Buchreise zu “Empatiana” – Teil 1

“So etwas wie Dich hätte man früher verbrannt!” – solche und ähnliche Sätze durfte ich mir leider schon öfter anhören. Und das bereits in der Grundschule. Oft wurde man in erster Linie über die Haarfarbe definiert – und damit einher gingen auch (oft negative) Vorurteile. Und da sich Gleiches gerne mit Gleichem gesellt, waren meine Haare auch oft der Grund dafür, daß ich ausgeschlossen und sogar ausgestoßen wurde. Als Jugendliche war ich es so Leid, daß ich mir meine Haare regelmäßig färbte – nur, um nicht mehr “die Rothaarige” zu sein. Sehr zum Leidwesen meiner Mutter – sie liebte meine roten Haare die bis zum Hintern gingen und war stolz auf sie – nur ich eben nicht. Im Gegenteil. Sie waren mir unangenehm. Ständig fiel man auf. Die Hexe mit der bleichen Haut, mit den Sommersprossen (noch so ein Makel) und sofort einen Sonnenbrand bekommt, sobald sie nur kurz in der Sonne bleibt.
In den letzten Jahren scheinen Rothaarige allerdings immer beliebter zu werden. Sie werden immer präsenter in den Medien und geniessen immer mehr Normalität. Dies half auch mir dabei, selbstbewußter damit umzugehen. So langsam wird man sogar stolz auf diese Haarfarbe. Man versteckt sie nicht mehr – färbt nicht mehr.

Auch in Büchern findet man erfreulicherweise immer mehr rothaarige (positiv dargestelle) Protagonistinnen. Eine findet man beispielsweise in der Buchreihe “Empatiana” von Linda Dantony. Dieses durfte ich im Zuge einer Buchreise (organisiert von pandas_buchreise) lesen.

Die Protagonistin, Lara, wächst in einem Königreich auf, in welchem sie ein besonderes Merkmal mit sich herumträgt – ihre roten Haare. Diese führen allerdings dazu, daß sie ausgegrenzt wird und man begegnet ihr sehr distanziert. Sie selbst wähnt sich als einzige im Königreich mit dieser Haarfarbe. Erst später wird sie Zeugin eines mehr als schrecklichen Geheimnisses. Sie ist im Grunde minderwertiger. Geschuldet durch eine körperliche Eigenschaft, für die sie selbst nichts kann. Doch es bleibt nicht nur bei der Ablehnung wegen ihrer Haarfarbe.
Empathie im Allgemeinen ist nicht nur unerwünscht – sie steht sogar unter Strafe und bringt einen in Gefahr. Einfühlungsvermögen scheint in diesem Königreich als nichts angesehen zu werden, das der Funktionalität und Stabilität dient – im Gegenteil. Der Einzelne zählt nicht viel – wichtig ist seine Funktionalität für das Königreich. Aber all diese Dinge scheinen auch nicht sonderlich hinterfragt zu werden. Die Leute leben alle in einer perfekten Ordnung und fügen sich ihrem Schicksal. Alle leben ein für sich bestimmtes Leben mit strikten Regelungen. Wer sich nicht an diese hält und unangenehm auffällt “wird abgeholt und umgesiedelt”. Sie bleiben verschwunden. So ergeht es direkt im Prolog der besten Freundin von Lara. Als sie 10 war, mußte sie mit ansehen, wie ihre Nachbarsfreundin des nachts abgeholt wurde. Und hier schon lernen wir: keine Emotionen zeigen. Niemand darf sehen, daß sie geweint hatte. Geschweige denn, daß sie nachts wach und durchs Fenster gesehen hatte. Warum die Freundin abgeholt wurde, erfährt man (noch) nicht. Es steht lediglich die Vermutung im Raum, es könnte mit einigen versäumten Hausaufgaben in Zusammenhang stehen. Woran man bereits die scheinbare Absurdität und aber auch Strenge der Regeln erkennt.

Lara selbst ist mit ihren 17 Jahren mitten in ihrer Jugend. Sie wurde frisch mit der Schule fertig und tritt in die Arbeitswelt ein – in eine für sie bestimmte Ausbildung. Sie kämpft innerlich mit den vorherrschenden gesellschaftlichen Normen. Tagtäglich muß sie mit Ausgrenzung und abschätzigen Blicken zurechtkommen. Zusätzlich zum Problem ihrer roten Haare, empfindet sie Empathie für ihre Mitmenschen. So erregt sie unter anderem einmal großes Aufsehen, als sie im Zug einer älteren Dame ihren Platz anbietet. Ein Unding. Außerdem durchlebt sie neue Gefühlswelten, als sie auf einen freundlichen Mann trifft, der ebenso zu empfinden scheint – ihr gegenüber freundlich ist, sich für sie einsetzt. Sie lernt Verliebtheit und die damit einhergehende Verwirrung und auch Verzweiflung kennen.


Bald schon gipfelt das erste Buch sogar in einer bevorstehenden Flucht – es geht sprichwörtlich für Lara und ihre Familie um Leben und Tod. Zudem ist da noch etwas. Ein großes, schreckliches Geheimnis. Auf welches immer wieder hingewiesen wird. Der Spannungsaufbau ist sehr gut umgesetzt und endet in einem wahrlich gemeinen Cliffhänger.
An dieser Stelle wäre anzuraten, sich bereits vor dem Ende des Buches auch das zweite zugänglich zu machen, damit man gleich weiterlesen kann. 😉

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